Über das Land und die Kellergassen

Mein Weinviertel, meine Kellergassen.

Vor den Toren von Wien beginnt Österreichs größtes Weinbaugebiet. Es erstreckt sich nach Norden bis an die mährische Grenze, reicht von Retz bis nach Poydorf und endet hinter dem Marchfeld. Das Weinviertel ist geprägt von weitem Land und mit Wein bewachsenen Hügeln. Und: Den Kellergassen. Sie kann man hier überall entdecken. 

Scheinbar verlassene Straßenzüge, die sich in einen Hohlweg schmiegen, plötzlich tauchen weiß getünchte Dörfer auf, die beinahe in der Landschaft verschwinden. Es sind kleine unscheinbare Häuschen, eines reiht sich an das andere, sie füllen Plätze, bilden Gassen, am Rande von Siedlungen oder fernab von diesen. Die Dörfer ohne Rauchfänge nennt man sie und das macht klar, dass hier niemand lebt. Erbaut haben sie die Weinhauer, heute Winzer genannt. Sie gruben hier unterirdische Gänge um ihr wertvollstes Gut zu lagern, den Wein. Gleich in der Nähe der Weingärten, um den täglichen Weg zur Arbeit kurz zu halten, schleppten Steine und schlichteten Lehmziegel. Einen auf den anderen, erschufen sie die kleinen Häuschen, in denen eine Weinpresse ihren Platz fand. In vielen auch Tisch und Bank. Hier verbrachten die Kellermänner oft viel, viel Zeit. 

Heute ist ihnen ihre einstige Bestimmung genommen, in den allermeisten wird kein Traubensaft mehr gepresst und kein Wein liegt mehr in den Holzfässern. In vielen ist es einsam geworden, manche sind dem Verfall preis gegeben, andere haben sich verändert und doch noch Rauchfänge bekommen. Doch das Bewusstsein für die Erhaltung dieses Kulturgutes steigt. Immer mehr Kellergassenliebhaber finden sich, um die Presshäuser für die Nachwelt zu erhalten.

Die Weinviertler Kellergassen. Sie umfängt eine morbide Schönheit  und wenn man genau hinsieht, erzählen sie viel, von früheren Zeiten. 

Für mich und meinen Winzer gehören sie zu den schönsten, von Menschenhand geschaffenen Plätzen. Wir sind (nur mehr) die Bewahrer, bestimmt dazu, zu erhalten, was auch die Nachwelt noch sehen soll.

Und ich, ich sehe meine Aufgabe auch darin, ihre Schönheit einzufangen, so gut das eben möglich ist.
Ihre Geschichten zu erzählen.
Und die der Menschen, die ich dort treffe. Wenn sie mich lassen.
Und damit auch unsere Geschichte, die untrennbar verknüpft ist. Mit dem Weinviertel, einer ganz besonderen Kellergasse und dem Wein. 

Ella.